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   K640 Osterglocken 

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Andacht zum Sonntag Quasimodogeniti, 11. April 2021

Liebe Andachtsleserin, lieber Andachtsleser,

die meisten Menschen denken beim Namen dieses Sonntags wohl an den buckligen Glöckner in dem bekannten Roman von Victor Hugo ‚Der Glöckner von Notre-Dame. Quasimodo heißt er. Aber – und da ist die Beziehung zu diesem Sonntag – er bekam diesen Namen, weil er als kleines Kind von seinem Adoptivvater auf den Treppen von Notre-Dame eben am Sonntag Quasimodogeniti gefunden wurde.

‚Quasimodogeniti‘ = ‚Wie die Neugeboren‘, so heißt der 1. Sonntag nach Ostern. Auch wenn wir es heutzutage nicht mehr so deutlich wahrnehmen: Seit Anbeginn der Kirche ist Ostern der Tauftermin schlechthin. Und die Taufe wird von Anfang an verstanden als ein Neubeginn, als eine Neugeburt. Am Sonntag nach dem Osterfest trafen sich also die getauften Menschen zum Gottesdienst ‚wie die Neugeborenen‘.

Aber nicht nur die frisch Getauften, alle Menschen sollten sich nach Ostern fühlen wie die Neugeborenen, denn das Fest der Auferstehung Jesu von den Toten und der Sieg des Lebens über den Tod und die Hoffnung auf ein ewiges Leben bei Gott sollte uns doch beflügeln, oder?

Aber eine Woche nach Ostern scheint das Fest für viele schon lange vorbei zu sein. Der Alltag mit all seinen Problemen nimmt uns wieder gefangen. Wir starren auf die steigenden Inzidenzwerte, sehen, dass die Politikerinnen und Politiker sich immer noch im Kreise drehen und unser Glaube an den lebensschaffenden Gott und unsere Hoffnung auf ein baldiges Ende der Corona-Pandemie und eine Rückkehr zur Normalität wird schwächer.

Wie bekommen wir wieder Mut? Was kann unseren Glauben stärken und unsere Hoffnung lebendig machen? Vielleicht folgende nachösterliche Geschichte aus dem Johannesevangelium:

Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See von Tiberias. Er offenbarte sich aber so: Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger. Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts. Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war. Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein. Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische. Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte: »Es ist der Herr«, da gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich in den See. Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen. Als sie nun an Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer am Boden und Fisch darauf und Brot. Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt! Simon Petrus stieg herauf und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht. Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten: Es ist der Herr. Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's ihnen, desgleichen auch den Fisch. Das ist nun das dritte Mal, dass sich Jesus den Jüngern offenbarte, nachdem er von den Toten auferstanden war.
(Joh 21,1-14)

Bild untenstehend:
Aus dem Codex Egberti (Evangelienabschrift mit Malereien
aus dem 10. Jahrhundert) zu unserer biblischen Geschichte

Aus dem Codex Egberti (Evangelienabschrift mit Malereien aus dem  10. Jahrhundert) zu unserer biblischen GeschichteIch weiß nicht, ob Ihnen das beim Lesen aufgegangen ist: Das ist nicht einfach nur eine Geschichte mit dem auferstandenen Jesus. Das ist auch eine Geschichte für uns, die wir schon eine Woche nach Ostern allmählich müde werden. Es ist eine Geschichte, in der nicht nur die Jünger Jesu vorkommen, sondern auch wir. Und also hoffentlich auch eine Geschichte, die uns Mut macht.

Ich werde die Geschichte noch einmal Stück für Stück nacherzählen und versuche, uns darin zu entdecken:

1. Der Alltag hat uns wieder
Die Jünger gehen ihrem Fischerberuf nach, als ob nichts geschehen wäre. Von Simon Petrus ist die Rede, dem Anführer, von dem ‚ungläubigen’ Thomas, der dem Auferstandenen erst die Finger in die Wunden legen musste, um an seine Auferstehung zu glauben, von einem Nathanael, den Söhnen des Zebedäus und zwei weiteren Jüngern.

Fischer sind sie, einfache Leute. Mit Jesus waren sie in Jerusalem. Dort war er umgekommen, aber als Auferstandener war er ihnen dort auch erschienen.

Das war schon eine Weile her, und sie sind wieder zurück nach Galiläa, an den See Genezareth, der hier See von Tiberias heißt. Und sie machen das, was sie auch schon machten, bevor Jesus sie in die Nachfolge berufen hatte: fischen. Mal mit mehr Erfolg, mal mit weniger. In unserer Erzählung mit ganz wenig Erfolg: in der ganzen Nacht haben sie nicht einen einzigen Fisch gefangen.

Sie stehen wieder mitten im Leben. Wir erfahren nichts davon, ob sie noch voller österlicher Freude sind. Jedenfalls hat sie nicht dazu geführt, dass sie ihr Leben groß geändert haben. Man spürt ihnen nicht an, dass die österliche Hoffnung, nämlich dass Jesus den Tod überwunden hat und lebendig wirkt, sie und ihr Leben nachhaltig beeinflusst hat. Eigentlich geht alles seinen Gang wie früher – und das heißt: ohne diese Hoffnung, ohne dieses Vertrauen auf Gottes ändernde Kraft.

Sind sie uns dabei nicht ganz nahe? Unserem Leben. Unserem Alltag. Wir mühen uns ab, wir versuchen unser Leben zu meistern, mit mehr oder weniger Erfolg. Manchmal sind wir ganz müde von den Anstrengungen, manchmal sieht es so aus, als könnten wir das alles kaum schaffen.

Und wo ist Gott? Wo ist Jesus? Müsste unser Glaube uns nicht Kraft geben für jeden Tag? Wie oft beugen wir uns dem Tod. Hören, wie es Menschen schlecht geht. Und denken. Ja, das Leben ist ein Jammertal.

Müsste die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod nicht Kraft geben, gegen den Tod aufzustehen? Menschen zu helfen zum Leben? Und wie oft schaffen wir es nicht. Wie oft geht das Leben bei uns weiter, als wenn es Gott nicht gebe, als wenn Jesus im Tode geblieben wäre.

2. Jesus begegnet im Alltag, manchmal unerkannt
Den Jüngern begegnet Jesus, aber er wird von ihnen nicht erkannt. Das kommt uns vielleicht komisch vor, aber wir hören es öfter vom auferstandenen Jesus. Die Jünger, die so oft mit ihm zusammen waren, erkennen ihn nicht. Er wirkt wie ein Fremder.

Aber trotzdem hören sie auf ihn. Auf seinen Ratschlag hin werfen sie ihre Netze noch einmal aus, obwohl die Nacht schon längst vorbei ist und es keine gute Zeit mehr für den Fischfang ist. Und sie fangen so viel, dass die Netze fast reißen.

Und da erst erkennen sie Jesus. Nach diesem wunderbaren Fischfang ahnen sie wohl, dass da eine höhere Macht im Spiel gewesen sein muss. Petrus springt sogar ins Wasser, um an Land zu schwimmen und vor den anderen da zu sein. So begeistert ist er.

Geht es uns nicht auch manchmal so? Wir brauchen außergewöhnliche Ereignisse um zu erkennen, dass Gott bei uns und mit uns war. Eine wunderbare Rettung vielleicht. So, dass man nicht einfach nur sagen kann: Glück gehabt, sondern: Gott sei Dank!

Mitunter erkennen wir es erst im Nachhinein, wie die Jünger auch. Erst nachdem die Netze voll sind, erkennen sie Jesus. So ist das bei uns auch: erst nach einem guten Teil des eigenen Lebens erkennen wir, dass wir im Leben geleitet und geführt worden sind. Dass vielleicht ein paar Umwege und Irrwege da waren, aber dass Gott, dass Jesus mit uns war.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, wann Sie Gott, wann Sie Jesus zum letzten Mal in Ihrem Leben entdeckt haben? Mir persönlich geht es mitunter im Straßenverkehr so, vielleicht, weil ich weiß, wie gefährlich er ist, wie schnell etwas passieren kann und wie wenig ich dabei selbst in der Hand habe. Da denke ich manchmal, wenn ich unaufmerksam gewesen bin: Jetzt hätte auch etwas Schlimmes passieren können, aber Gott sei’s gedankt, es ist nichts passiert.

3. Jesus hilft zum Leben
In außergewöhnlichen Situationen suchen wir Gott und glauben ihn zu erkennen. Wie die Jünger bei ihrem wunderbaren Fischfang. Aber dann stellen sie fest: Er ist nicht nur im Wunder gegenwärtig, sondern im Alltag. Jesus ist am Ufer, und während die Jünger die Boote mit den Fischen an Land bringen, hat Jesus ihnen schon ein Frühstück zubereitet. Im Hintergrund, ganz unauffällig.

Ist das in unserem Leben nicht auch so? Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur Wunder suchen, um den lebendigen Jesus zu erkennen, sondern ihn auch in unserem Alltag sehen. Wo er unser Leben teilt, mit uns ist, für uns da ist und für uns sorgt.

Wer nur auf Wunder schaut, auf außergewöhnliche Ereignisse wartet um darin Gottes Wirken zu sehen, dem entgeht leicht, dass unser ganzes Leben unter Gottes Fürsorge und Jesu Begleitung steht. Und dass ihm auch ganz banale menschliche Dinge wie Hunger und Essen wichtig sind.

„Kommt her und esst!“, sagt Jesus zu den Jüngern. Und damit ist natürlich das stärkende Mahl gemeint, dass er ihnen nach getaner Arbeit zubereitet hat. Aber noch mehr. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“, hat Jesus an anderer Stelle gesagt. Unser Leben ist mehr, als Essen und Trinken. Sehr sehr vielen Menschen fehlt selbst das. Aber viele haben auch alles, leben im Überfluss und haben trotzdem Hunger: nach Anerkennung, nach Sinn für ihr Leben, nach Vertrauen.

Die Jünger Jesu sind geistlich ausgehungert in ihrem Alltag nach Ostern. Jesu Gegenwart stärkt sie. Und so brauchen auch wir seine Gegenwart: in unserem Alltag nach Ostern. Auch wir müssen wissen, dass Jesus für uns da ist. „Kommt her und esst.“
Jesus lässt die Seinen nicht im Stich. Ostern ist vorbei und der Alltag hat uns wieder. Aber Jesus ist lebendig und wirkt unter uns, auch im Alltag.

Bleiben Sie gesund und seien Sie behütet.

Ihr Peter Thimm