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   K640 Osterglocken 

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Gedankenfetzen zum Sonntag Rogate am 09.05.2021

Beten - Joker für Bedürftige, Betuchte und Sonstige!?

Liebe Leserin, lieber Leser,

ursprünglich sollte und wollte ich am o. g Datum in der Kirche in Bösingfeld sein. Das Wollen gilt noch immer, doch das Sollen sollte nicht sein. Warum? Dreimal dürfen Sie raten.

Nun könnte ich einfach wegbleiben und es mir in Detmold gemütlich machen. Das kann ich zu jeder anderen Zeit immer noch.

Stattdessen habe ich mir überlegt, Ihnen ein paar Zeilen zukommen zu lassen. Vielleicht kommen Sie dann auf andere Gedanken, die Sie ablenken vom derzeitigen Dauerthema.

"Da hilft nur noch Beten", sagen wir, wenn wir uns in eine verfahrene Situation verrannt haben. Sind das lediglich Worthülsen?

Mathe mochte ich noch nie und Mathe konnte auch mit mir nichts anfangen. Wir wurden nie warm miteinander. So beschloss ich kurzerhand, Mathe links liegen zu lassen und vor Mathe-Arbeiten Gott zu bitten, er möge zum Guten wenden, was mir nicht gelingen wollte. Es ging regelmäßig in die Hose.
Meine Oma hat es gut gemeint mit mir und mir beigebracht, so zu beten: "Lieber Gott, mach mich fromm, dass ich in den Himmel komm." Wirklich hilfreich war für mich auch das nicht. Gut gemeint ist halt doch nicht gut gemacht. Aber so ist es oft im wahren Leben.

"Not lehrt beten", hat man mir auch immer und immer wieder geweissagt. Im Laufe der Zeit jedoch habe ich erfahren, dass Not nicht nur beten, sondern ebenso fluchen lehrt. Es ist irgendwie vertrackt. Und jetzt noch diese Sätze aus Jesus Sirach. Jesus Sirach 35, 16-22a:

Er hilft dem Armen ohne Ansehen der Person und erhört das Gebet des Unterdrückten. Er verachtet das Flehen der Waisen nicht noch die Witwe, wenn sie ihre Klage erhebt. Laufen ihr nicht die Tränen die Wangen hinunter, und richtet sich ihr Schreien nicht gegen den, der die Tränen fließen lässt? Wer Gott dient, den nimmt er mit Wohlgefallen an, und sein Gebet reicht bis in die Wolken. Das Gebet eines Demütigen dringt durch die Wolken, doch bis es dort ist, bleibt er ohne Trost, und er lässt nicht nach, bis der Höchste sich seiner annimmt und den Gerechten ihr Recht zuspricht und Gericht hält.

"Gott erhört das Gebet des Unterdrückten". Zu finden ist das Gebet also wohl nicht in irgendeiner frommen Ecke. Es will und muss raus aus der frömmelnden Nische. Es darf nicht versteckt werden, damit es anstecken kann. Es gehört in den Alltag und eben nicht nur in den Sonntagsgottesdienst.
"Gott hilft dem Armen ohne Ansehen der Person". Einverstanden! Ohne Wenn und Aber. Es gefällt mir, wenn er es tut. Ich möchte das unbedingt glauben und schließlich muss man ja auch gönnen können. Lebte ich z. Z. freilich in Indien, dann…
Bitte denken Sie diesen Satz zu Ende und füllen dann die Lücke aus.

Vor etwa 14 Monaten suchte uns etwas heim, das wir alle bis dato noch niemals erlebt und erlitten hatten. Ratlosigkeit und Verunsicherung machte sich breit. Die wirtschaftlichen Einbußen hat man staatlicherseits abzufedern versucht. Unser Vizekanzler verkündete damals lauthals, dass der Staat das kann, weil er in den Jahren zuvor verantwortungsvoll und vernünftig gewirtschaftet hat! Ein Narrativ, das nach dem 13. September nachhaltig entsorgt wird, wetten?!

Und wie hat unsere Kirche darauf regiert? Lehrt Krise beten?

Von wegen! Der Kirche des Wortes schienen die Worte auszugehen. "Ich wurde von jetzt auf gleich entgrundrechtet", hatte ich mit in dieser Zeit notiert. Ich war geschockt, hätte so etwas niemals für möglich gehalten. Ich fühlte mich allein auf weiter Flur, alleingelassen. Diese wiederholten Ich-Formulierungen sind ganz bewusst gewählt.

"Liebe deinen Nächsten!" Selbst Menschen, die ansonsten mit dem Glauben und der Kirche nichts am Hut haben, verbinden diesem Satz irgendwie mit Kirche. Und plötzlich musste ich irritiert zur Kenntnis nehmen: Soziale Distanz zu wahren sei wahre Nächstenliebe. Gedankenfetzen eben.

Hier hilft nur noch Beten. Ist das so? Gott erhört das Gebet der Gebeutelten. Vielleicht aber ist Gott gerade allein zuhause und guckt Markus Lanz, weil keine und keiner betet, ihn behelligt.

Beten meint freilich nicht, die Hände zu falten und etwas Auswendig-gelerntes innerlich aufzusagen. Beten ist nicht einfach Nichtstun. Beten ist kein kirchliches Wort für faul sein. Im Geist der Bibel ist Beten eine Art und Weise, sich unters Leben zu mischen, das Leben zu gestalten und es zu unterstützen.
Beten ist nicht Technik, Beten ist eine Haltung. Das ist Ihnen zu abstrakt, zu theoretisch? Ich verstehe. Also werde ich konkreter: Wenn es mir nicht schon mein gesunder Menschenverstand sagt, schickt Gott mich zu all dem Menschen, die Trost brauchen und getröstet werden wollen nicht erst dann, wenn sie bereist getröstet sind. Natürlich mit der gebotenen Rücksicht und Vorsicht - über Selbstverständlichkeiten brauchen wir uns nicht auszutauschen. Und Sterbende zu begleiten, die das gesagt oder ungesagt wollen, ist allemal zielführender als Gestorbene zu besuchen.

Nun habe ich in jüngster Vergangenheit schon mehrfach gehört, dass in Ihrer Gemeinde Ihr Pastor Sie besucht. Trotzdem, trotz allem, dennoch. Chapeau!

Und er tut das unterschiedslos, ohne Ansehen der Person. Bedürftige, Betuchte und Sonstige. Kirche ist immer nur Kirche für andere. Das ist nicht von mir, aber es stimmt. Insofern sind Sie eine Glücksgemeinde, der ich neidlos gratuliere.

Eine Kirche, die in einer Krise nichts zu sagen hat, sollte nach einer Krise den Mund nicht zu weit aufmachen.

Seien Sie gegrüßt- und bleiben Sie behütet.

Harald Blümel

Haben Sie meine Gedankenfetzen angestoßen, dann freut mich das.
Haben Sie meine Gedankenfetzten abgestoßen, dann ohne böse Hintergedanken.
So oder so: Wenn Sie wollen, können Sie sich dazu äußern. Frau Süllwold leitet Ihre Äußerungen gerne an mich weiter.
Man kann ja sonst in dieser Zeit so wenig machen.