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   K640 Osterglocken 

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Andacht zum Sonntag Exaudi, 16. Mai

Liebe Andachtsleserin, lieber Andachtsleser,

der 6. Sonntag nach Ostern liegt zwischen den Festen Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Und diese Stellung gibt ihm gewissermaßen sein Gepräge: die Vorbereitung auf das Pfingstfest.

Der für diesen Sonntag vorgeschlagene Predigttext ist ein kleiner Abschnitt aus einem größeren Zusammenhang. Das Kapitel 7 im Johannesevangelium berichtet davon, wie Jesus nach Jerusalem zum Laubhüttenfest geht und dort öffentlich auftritt.

Das Laubhüttenfest ist eines der größten jüdischen Feste. Zum einen hat es eine geschichtliche Bedeutung: Es erinnert daran, dass die Israeliten nach dem Auszug aus Ägypten durch die Wüste wanderten und dort in Laubhütten wohnten.

Zum anderen ist es ein Erntefest, vergleichbar mit unserem Erntedankfest. Nach der Ernte hatte man am und im Tempel Gott für die Gaben des Jahres gedankt und gleichzeitig damit die Bitte um Gedeihen und Wohlergehen für das kommende Jahr verbunden.

siloahteich2Wichtig zum Verstehen des Predigttextes ist ein gleichbleibender Ritus, eine immer wiederkehrende Handlung, die fest zum Laubhüttenfest gehörte: Es war üblich, dass man Wasser aus dem Siloahteich schöpfte und in feierlicher Prozession zum Tempelplatz brachte, wo man es am Brandopferaltar in eine Schale goss. Das war ein Ritus, in welchem man um Regen für das kommende Jahr bat.

Wasser spielte also am Laubhüttenfest eine entscheidende Rolle. Und trotzdem mag es vorgekommen sein, dass in der Hitze des Tages Menschen mit trockenen Kehlen in der Menge waren, die gerne einen Schluck kühles Wasser getrunken hätten.

Die Menschen auf dem Fest hatten gefeiert und getanzt, sich vergnügt und getrunken, wie bei unseren Volksfesten halt auch, und manche hatten wohl auch mehr getrunken, als wie sie vertragen konnten. Und trotzdem mag es vorgekommen sein, dass Menschen in der Menge waren, deren Durst nach Leben trotz all der Vergnügungen nicht gestillt werden konnten.

In diese Situation hinein spricht der Predigttext:

Aber am letzten, dem höchsten Tag des Festes trat Jesus auf und rief: Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, von dessen Leib werden, wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen Wassers fließen. Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht. (Joh 7,37-39)

Wenn wir uns diesen Hintergrund vor Augen halten, werden die Sätze des Evangeliums vielleicht deutlicher: Am letzten Tag des siebentägigen Festes ist Jesus – wie schon Tage vorher – auf dem Tempelplatz und gibt dem Wasserritus eine ganz neue Bedeutung: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“

Das ist natürlich bildlich gemeint. Jesus stillt den Durst nach Leben. Wer an Jesus glaubt und sich in seine Nachfolge stellt, der wird ein erfülltes Leben haben, das ist gemeint. Ein Sinn erfülltes Leben, ein Leben in Vertrauen auf Gott und in Gemeinschaft mit anderen Menschen, ein Leben, das befriedigt, weil es nicht bei sich selbst bleibt, sondern aus sich heraus geht zum anderen, zum Mitmenschen, zum Nächsten.

Das Laubhüttenfest dauert 8 Tage, die manche Menschen damals ziemlich ausschweifend zugebracht haben, vielleicht vergleichbar mit dem Oktoberfest oder Karneval. Wer dort einen über den Durst getrunken hatte, konnte vielleicht für ein paar Stunden die Sorgen des Alltags vergessen, mochte in guter Stimmung gewesen sein und die Tage genossen haben. Aber was geblieben ist, war oftmals nur ein Kater.

Wer – um im Bild zu bleiben – von Jesus getrunken hat, dessen Leben hat sich geändert, hat eine neue Richtung bekommen. Dieser Mensch wird selber zur Quelle für andere: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“

Ist das nicht eine großartige Verheißung?! Ich armer bemitleidenswerter Mensch, der ich mich manchmal für so klein und unfähig halte, werde so groß und stark, dass andere von mir zehren können?!

Nicht von Rinnsalen von schalem, abgestandenem Wasser ist die Rede – das könnte ich mir ja vielleicht noch zutrauen – die von mir ausgehen, sondern von einem Strom von klarem, frischem, lebendigem Wasser. Es sprudelt aus mir heraus, quillt über. Es reicht nicht nur für mich, sondern für viele andere. Mein Leben soll zur Quelle werden, aus der andere trinken können. Das ist doch wohl eine große Verheißung über unser oft so armseliges Leben.

„Das sagte er aber von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn der Geist war noch nicht da; denn Jesus war noch nicht verherrlicht.“

Es geht also schon eine Woche vor Pfingsten um den Geist Gottes, den Heiligen Geist, den Jesus für die Zeit nach Tod, Auferstehung und Himmelfahrt versprochen hat. Den Geist, der Jesus vertritt, den Tröster, die Kraft, die den Glauben in uns hervorbringt und uns in die Nachfolge ruft.

Ich versuche das Ganze noch einmal mit anderen Worten zu sagen: Wer an Jesu glaubt, wer von ihm als Wasser des Lebens trinkt, der wird in seinem Leben den Geist Jesu erleben. Und dieser Geist befähigt uns, selber zu einer Quelle für andere zu sein. Ein Strom lebendigen Wassers. Was das heißen kann, das möchte ich ausführen, indem ich von dem Bild des Wassers ausgehe. Was vermag Wasser alles?

1. Wasser ist Leben. - Ohne zu essen, können wir es ein paar Wochen aushalten, ohne zu trinken nur wenige Tage. Wasser ist also absolut lebensnotwendig. Und nicht nur für uns Menschen, für die Tiere und Pflanzen genauso.
So kommt uns von Jesus, der uns zu sich ruft, her, was wir unbedingt zum Leben brauchen.
Wenn wir durch den Geist Ströme lebendigen Wasser hervorbringen, könnte das bedeuten:
Da wird Leben von uns ausgehen:

Trauernde hören tröstliche Worte, die sie aufrichten und sie wieder Hoffnung fassen lassen. Sprachlose finden in uns eine oder einen, die/der für sie redet, Schwache eine oder einen, die/der sich für sie stark macht. Alte erfahren Hilfe und Freude - es hat jemand für sie Zeit und hört ihnen zu. Die Jungen spüren uns ab, wie gut wir es mit ihnen meinen. Arme erleben, dass wir teilen können und unser Geben sie nicht beschämt. Kranke werden besucht, Einsame finden in die Gemeinschaft zurück, Depressive wagen ein Lächeln. Und Frieden wird von uns ausgehen, Versöhnung, ausgestreckte Hände.

2. Das Wasser reinigt. – Das wissen wir nicht nur durch unsere Körperhygiene, durchs Wäsche- und Autowaschen. Die Reinigungskraft des Wassers wurde in der Bibel übertragen auf die Taufe: das Taufwasser reinigt uns Sünder von aller Schuld. Diese Reinigung, ich benutze dafür mal das Wort ‚Vergebung’ erfahren wir bei Jesus.
Wenn wir durch den Geist Ströme lebendigen Wasser hervorbringen, könnte das bedeuten:
Bei uns können die Menschen frei werden:

Endlich eine oder einer, der/dem sie ihre Geschichte erzählen können, diese schlimme Sache vor vielen Jahren, von der sie nicht loskommen, die Schuld, die sie quält, die sie in so vielen Nächten den Schlaf gekostet hat ... Endlich reden, bekennen und davon sprechen, dass es einem Leid tut ... Und wir dürfen das Wort sagen, das sie löst: Dir ist vergeben durch Jesus Christus. Endlich ein Schlussstrich. Aufatmen. Neu anfangen. Leben!

3. Wasser hat Kraft. - Auch wenn wir hier vielleicht erst an die zerstörerische Energie des Wassers denken, wir ziehen aus ihm auch gewaltigen Nutzen, wenn es die Turbinen unserer Kraftwerke antreibt, oder wenn wir die Gezeiten des Meeres zur Stromgewinnung bändigen. Solch große Kraft kann uns auch von Jesus zufließen.
Wenn wir durch den Geist Ströme lebendigen Wasser hervorbringen, könnte das bedeuten:
Unsere Kraft wird andere stärken:

Unsere Mitmenschen können sich an uns aufrichten. Weil wir verbunden sind mit Christus, ist seine Kraft in uns. Und sie geht über alle auf, die in unserer Nähe sind: Da entsteht Mut zum Durchhalten in einem schweren Leben, Hoffnung auf einen neuen Morgen, wenn die dunklen Tage zu bestehen sind und Glaube, dass hinter dem Schicksal ein Gott waltet, der es gut mit seinen Menschen meint.
Und alles das wird nicht weniger dadurch, dass wir es an andere weiterreichen. Nein, es vermehrt sich noch und fließt uns von unserem Herrn immer neu zu.

4. Wasser trägt. - Hier kommen uns die Boote auf dem See oder Fluss und die Ozeanriesen auf dem weiten Meer vor Augen. Wunderbar diese Fähigkeit des Wassers sogar viele Tausend Tonnen schwere Schiffe zu tragen. Gewiss: Für die Physik ist das leicht erklärbar und wenig aufregend. Wer aber unbefangen - so wie Kinder das noch können - hinsieht, der muss doch immer wieder staunen. - Genau das finden wir auch bei Jesus: Einen Halt über Tiefe und Abgrund, auch wenn uns Sünde, Tod und Teufel herabziehen wollen, Hände, die uns durchs Leben tragen, dass wir nicht im Bodenlosen versinken.
Wenn wir durch den Geist Ströme lebendigen Wasser hervorbringen, könnte das bedeuten:
Wir können andere tragen, wie wir getragen sind:

Und wir müssen keine Angst haben, dass wir uns übernehmen. Wo wir uns die Lasten der anderen auf die Schulter legen, da trägt der Herr, nach dem wir heißen, immer mit. Und wo wir die anderen auf dem Weg durch Leid und Krankheit stützen, da fasst er mit unter. Wenn wir dann straucheln, gibt er uns Halt. Wenn es uns zu schwer wird, stärkt er unsere Arme. Wenn wir fragen, wie lange noch, dann spricht er uns ein gutes Wort zu. Immer ist er in unserer Nähe. Wo einer des Anderen Last trägt oder den Anderen selbst, da ist er der Dritte: Verlässlich und treu.

Liebe Andachtsleserin, lieber Andachtsleser,
so ist das Wasser, das Jesus uns geben will, wenn er uns zu sich ruft: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“

Wenn wir seinem Ruf folgen, werden wir satt werden an solchem Wasser. Es wird uns erfüllen und wie aus einer ersten überlaufenden Brunnenschale in die zweite fließen. Von uns und aus uns strömt es weiter zu den Menschen in unserer Umgebung und tut an ihnen, was Christus selbst an ihnen tun will - durch uns: Es stillt den Durst, stärkt, belebt, trägt ...

Wir werden also genug lebendiges Wasser haben, um auch seine guten Kräfte in unsere Umgebung, zu den Mitmenschen zu verströmen.

Gott sende uns seinen heiligen Geist, dass er uns erfüllt und durch uns zu den Mitmenschen fließt!

Bleiben Sie gesund und seien Sie behütet.

Ihr Peter Thimm